Humboldt-Universität zu Berlin - Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät - Institut für Informatik

Olivers Selbstportrait

Oliver (Informatik-Lehramt)
Oliver

Ich bin in Berlin geboren und in Leer (Ostfriesland) aufgewachsen. Ich war als Austauschschüler in den USA und engagiere mich seitdem ehrenamtlich für Youth for Understanding. Nach dem Abitur und der Bundeswehrzeit begann ich zunächst in Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren, bemerkte aber nach einiger Zeit, dass dies nicht meinen Neigungen entsprach. Also wechselte ich 1999 nach Berlin, um mein Studium der Geschichte und Informatik auf Lehramt (Studienrat) aufzunehmen. Meine Studienleistungen aus Karlsruhe im Fach Informatik bekam ich dabei anerkannt.

Ich habe mich für ein Studium "auf Lehramt" entschieden, weil ich Gefallen an der Arbeit mit Jugendlichen habe. Dies habe ich vor allem bei meiner Arbeit für YFU festgestellt, als Betreuer und Seminarleiter auf Tagungen mit Schülern im Alter von 14 bis 19 Jahren. Komplexe Sachverhalte ins Verständliche zu transportieren macht mir Spaß und ich freue mich immer, wenn ich das "Ach soooo" in den Augen der Schüler lesen kann. Ich entwickle gerne Methoden, die den Lernprozess bei Schülern einleiten und sicherstellen. Begonnen hatte dies schon in meiner Schulzeit, als ich als Nachhilfelehrer für Mathe, Deutsch und Englisch mein Taschengeld aufbesserte. Aufgrund der Altersspanne entschied ich mich für das Abschlussziel "Studienrat", d.h. Lehrer für die Sekundarstufe und die gymnasiale Oberstufe.

Aus meiner eigenen Schulzeit hatte ich Informatik als spannendes Fach in guter Erinnerung. Noch dazu war mir bekannt, dass es derzeit einen Mangel an Lehrern für die Naturwissenschaften gibt. Ausgebildete Informatik-Lehrer sind besonders selten. Daher entschied ich mich gegen Mathematik und Physik und für Informatik, was 1999 nur als 2. Fach angeboten wurde. Zu meinem ersten Fach, Geschichte, kam ich, weil ich in meiner besagten ehrenamtlichen Tätigkeit oft die deutsche Geschichte als Erklärung für Austauschschüler heranziehen musste. Inzwischen bietet die Humboldt-Universität Informatik auch als 1. Fach an, so dass ich überlege, meine Priorität zu wechseln. Das erste Fach wird in größerem Umfang studiert (80 statt 60 Semesterwochenstunden), und die Examensarbeit kann nur im ersten Fach oder in den Erziehungswissenschaften geschrieben werden. Kombinieren lassen sich grundsätzlich alle Schulfächer.

Seit anderthalb Jahren arbeite ich als Tutor am Institut, d.h. ich werde als "studentische Hilfskraft" dafür bezahlt, Studenten in den ersten Semestern das Programmieren in Java beizubringen: In ihrem ersten Studienjahr müssen die Informatikstudenten im Studienteil Praktische Informatik ein Praktikum absolvieren. Auf der Homepage des Praktikums werden die Aufgaben gestellt, welche die Studenten dann entweder zu Hause oder in den Poolräumen des Instituts lösen müssen. Wer damit Probleme hat, kann zu bestimmten Zeiten die Poolräume nutzen und dort Hilfe von Tutoren wie mir in Anspruch nehmen. Außerdem planen wir ein Tutorium, in dem das Programmieren allen denjenigen vermittelt wird, die noch nie Programme geschrieben haben.

An der Universität wird zum ersten Staatsexamen hingeführt. Dies ist eine Fachprüfung und daher wird im Studium vorwiegend die fachliche Seite gelehrt und nur 10% der Lehrveranstaltungen beziehen sich auf die Didaktik. Erst nach dem Staatsexamen, im Referendariat, soll dann - so will es das System - die praktische Ausbildung folgen. Vor dem ersten Staatsexamen sind lediglich drei Praktika von jeweils vier Wochen Dauer an verschiedenen Schultypen gefordert. Natürlich ist dies nur eine Minimalforderung und es steht jedem frei, sich über diese Zeitdauer hinaus noch an Schulen aufzuhalten. Sinnvoll ist dies allemal, da wohl nur während eines Praktikums die Entscheidung, Lehrer zu werden, überprüft werden kann - auch deswegen sollte man die Praktika möglichst frühzeitig beginnen.

Das erste Praktikum ist das sogenannte Orientierungspraktikum, bei dem des Beobachten ("Hospitieren") im Vordergrund steht und die Studenten noch nicht eigenständig unterrichten müssen, aber dürfen. Zu diesem Praktikum war ich an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule in Berlin- Kreuzberg, einer Gesamtschule mit Ganztagsbetreuung und hohem Ausländeranteil. Das Arbeiten in einer 7. Klasse war auch ein Test für meinen Wunsch, Lehrer zu werden. Ich bin mit dieser Klasse auf Klassenfahrt gewesen und habe über die Beziehungen der Schüler untereinander meinen Bericht geschrieben. Und danach wäre ich lieber gleich in der Schule geblieben und nicht zurück an die Universität gegangen... Der gute Kontakt zu den Klassenlehrern ermöglichte es mir, die Klasse zu Testzwecken erneut zu besuchen: Wir hatten in der Fachdidaktik ein Lern-Spiel für Schüler entwickelt und unterzogen es in jener Klasse einem Praxistest.

In einem Unterrichtspraktikum müssen die Studenten eine eigene Unterrichtssequenz planen und einige Unterrichtsstunden selbstständig halten. Mein Praktikum im Fach Geschichte durfte ich an meinem alten Ubbo-Emmius-Gymnasium in Leer ableisten und dabei interessante Einblicke hinter die Kulissen werfen, deren eine Seite ich ja schon sehr gut kannte. Als Student mit meiner ehemaligen Geschichtslehrerin den Unterricht zu planen, weckte viele Erinnerungen - und diesmal auch viel Verständnis für die andere Seite. Das Praktikum im Fach Informatik konnte ich an der Gustave-Eiffel-Oberschule in Prenzlauer Berg machen, einer Realschule mit einem gut ausgestatteten Informatikraum. Dort stellte mir meine Mentorin ein Planspiel zum Thema Datenschutz vor. Und erneut konnte ich feststellen, wie produktiv es ist, beim Unterrichten eine große Methodenvielfalt zu nutzen, um Interesse zu erzeugen und nachhaltiges Lernen anzuregen. Leider muss man in den Vorlesungsverzeichnissen der Universität lange suchen, wenn man hierfür Veranstaltungen finden will.

Zum Schluss noch ein paar Tipps:

  • Nieder mit den Sprechzeiten und auf mit den Türen! Hast Du eine Frage, dann geh' zum Prof ins Büro, klopf an und frage nett. Oft freuen sich die Dozenten, mal Resonanz zu bekommen, und helfen gern, wenn die Situation es zulässt.
  • Und zur Sicherheit solltest Du auch stets einen Studenten der höheren Semester fragen, gerade bei organisatorischen Dingen oder was die Erfahrungen mit bestimmten Lehrveranstaltungen sind. Oft hilft schon eine E-Mail an die Fachschaftsvertreter.
  • Plane früh und später noch mal! Je früher Du, auch über mehrere Semester hinweg, Deine Lehrveranstaltungen einplanst, desto wahrscheinlicher ist es, dass Du am Ende keinen Berg vor Dir herschiebst. Aber verlasse Dich auf nichts - irgendein Prof geht garantiert dann in ein Forschungssemester, wenn Du eigentlich seine Vorlesung besuchen wolltest - sondern sei stets flexibel mit neuen Plänen. Manchmal bieten sich auch kurzfristig gute Gelegenheiten und darauf solltest Du reagieren können.
  • Wer Lehrer werden will, muss Kinder über alles lieben! Ob man das auch unter Dauerbelastung will, kann man nur in einer Schule feststellen - siehe oben...
  • Bibliotheken sind Deine liebste Einrichtung (und schonen Deinen Geldbeutel). Kaufe nie ein Buch, bevor Du es mal verwendet hast, zumindest ein paar Stunden in der Bibliothek!
21. Juni 2002