Proseminar: Farben scheinen uns ein Rätsel aufzugeben (Wittgenstein) - Farben aus Sicht der Technik, Naturwissenschaft und Philosophie


Lehrende:
Frau Anna Reinacher / Prof. Dr. Beate Meffert

Erläuterung:
Der Begriff Farbe spannt einen Bereich auf, der das Beschäftigungsfeld für viele Wissenschaften ist. Zu nennen sind beispielsweise Physik, Chemie, (Neuro-)Physiologie, (Wahrnehmungs-)Psychologie, Informatik und Philosophie. Aber nicht nur in einem interdisziplinären, wissenschaftlichen Rahmen spielen Farben und ihre Wahrnehmung eine grundlegende Rolle, sondern auch in der Kunst oder in unserem Alltag. Farben begegnen uns überall und haben Auswirkungen auf das kulturelle und soziale Leben. Dieser Bedeutung entsprechend soll sich das Proseminar nicht nur mit Farben in Informatik und Technik - dort sind sie z.B. in der Bildverarbeitung wesentlich - beschäftigen, sondern auch über diese Aspekte hinaus einen Einblick in das weite Feld der Farbforschung vermitteln.

Vortragsthemen:

Bitte informieren Sie sich bereits vor Semesterbeginn über die Auswahl der möglichen Themen. Wenn Sie sich schon für ein Vortragsthema vormerken lassen wollen, schreiben Sie eine Mail an Frau Anna Reinacher. Schreiben Sie in dieser Mail auch ein Ausweichthema, das Sie ggf. übernehmen würden.
Die Vortragsthemen 4 und 8 betreut Frau Prof. Dr. Beate Meffert. Bitte melden Sie sich rechtzeitig bei ihr: meffert@....
Die folgende Liste gibt einen Überblick über die Themenfelder,
aus denen zum Teil mehrere Vorträge gestaltet werden können:

1. Farbe aus Sicht der Physik und Chemie:
   Was sind die physikalischen und chemischen Ursachen der Farbigkeit?
   Welche Anforderungen müssen Substanzen erfüllen, damit aus Ihnen
   Farbmittel hergestellt werden können?
   Wie werden Farbmittel hergestellt?
   Literatur:
   a) Wittke, Georg: Farbstoffchemie. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Diesterweg; [u.a.], 1984 (Studienbücher Chemie).
   b) Wehlte, Kurt: Werkstoffe und Techniken der Malerei. 6. Aufl. Ravensburg: Otto Maier, 1992.
   c) Perego, Francois: Vom Pigment zur Ölfarbe. In: Spektrum der Wissenschaft, Spezial: Farben (ND 5/ 2004), S. 50 - 55.
   d) Bram, G.; Anh, N. T.: Der Siegeszug der Farbstoffindustrie.
      In: Spektrum der Wissenschaft, Spezial: Farben (ND 5 / 2004), S. 56 - 61.

2. Farbe und Farbwahrnehmung:
   Was wissen wir über die Funktion der Farbwahrnehmung?
   Welche Effekte sind mit dem Phänomen der Farbkonstanz oder des Simultankontrastes gemeint?
   Warum sind wir für optische Täuschungen empfänglich?
   Literatur:
   a) Hansen, Thorsten; Gegenfurtner, Karl R.: Farbwahrnehmung - Color Vision.
      In: Steinbrenner, Jakob (Hrsg.); Glasauer, Stefan (Hrsg.):
      Farben. Betrachtungen aus Philosophie und Naturwissenschaften. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2007, S. 277 - 291
      (und weitere Artikel aus dieser Sammlung).
   b) Gegenfurtner, Karl R.: Farbensehen beim Menschen,
      http://www.allpsych.uni-giessen.de/karl/html/heidelberg/heidelberg.html,
      oder eine aktualisierte Version hier:
      http://www.allpsych.unigiessen.de/karl/teach/farbe.html.
   c) Böhringer, Christine: Trau den Augen nicht. In: DIE ZEIT, Nr. 39, 18.09.08, S. 40.
      Kurzer Artikel über Michael Bach, dessen Website findet sich hier:
      www.michaelbach.de/ot.

3. „Die Insel der Farbenblinden“:
   Was verbirgt sich hinter dem Begriff der Farbenblindheit und welche Auswirkungen hat diese auf den Alltag?
   Wie stellt sich eine Gemeinschaft auf dieses Phänomen ein, wenn es gehäuft auftritt?
   Literatur:
   Oliver Sacks: The Island of the Colour-blind and Cycad Island. London: Picador, 1997.
   (Eine deutsche Übersetzung liegt ebenfalls vor.)

4. Farben in der Medizin(technik):
   Warum ist das Ultraschallbild nicht farbig?
   Gezielter Einsatz von Farb- vs. SW-Darstellungen in der medizinischen Diagnostik.
   Literatur:
   Hennig, Jürgen: Farbeinsatz in der medizinisches Visualisierung.
      In: Bredekamp, Horst (Hrsg.); Bruhn, Matthias (Hrsg.); Werner, Gabriele (Hrsg.):
      Farbstrategien. Bildwelten des Wissens.
      Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik. Band 4,1. Berlin: Akademie Verlag, 2006, S. 9 - 16.

5. Farbordnungen und Farbsysteme:
   Was verlangen wir von einem Farbsystem?
   Warum gibt es so viele verschiedene?
   Mit welchen Methoden und mit welchem Ziel werden Farbsysteme aufgestellt?
   Welches ist das Schönste?
   Mit welchen technischen Problemen werden wir in der Farbsystematisierung konfrontiert?
   Welche Auswirkungen hat dies z.B. für die Bildverarbeitung?
   Literatur:
   a) Schwarz, Andreas: Farbsysteme und Farbmuster. Die Rolle der Ausfärbung in der historischen Entwicklung
      der Farbsysteme. Hannover: BDK-Verlag, 2004.
   b) Kuehni, Rolf G.; Schwarz, Andreas: Color Ordered: A Survey of Color Order Systems from Antiquity to
      the Present. New York: Oxford University Press, 2008.
   c) Silvestrini, Narciso; Fischer, Ernst P.; Stromer, Klaus (Hrsg.): Farbsysteme in Kunst und Wissenschaft.
      Köln: DuMont, 2002.
   d) http://www.colorsystem.com.

6. Farbe lädt zum Streiten ein:
   Newton und Goethe sowie Helmholtz und Hering als große Kontrahentenpaare der Farbgeschichte.
   Literatur:
   Goethe/ Newton:
   a) Müller, Olaf L., Goethes philosophisches Unbehagen beim Blick durchs Prisma,
      In: Steinbrenner, Jakob (Hrsg.); Glasauer, Stefan (Hrsg.): Farben. Betrachtungen
      aus Philosophie und Naturwissenschaften. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2007, S. 64 - 101.
   b) Reibe, Neil; Steinle, Friedrich: Exploratory Experimentation: Goethe, Land, and Color Theory.
      In: Physics Today, Vol. 55, Issue 7, Juli 2002, S. 43 - 49
      (und ein Blick aufs Deckblatt schadet auch nicht).
   c) Mausfeld, Rainer: 'Wär´ nicht das Auge sonnenhaft...' - Goethes Farbenlehre: Nur eine Poesie des
      Chromatischen oder ein Beitrag zu einer naturwissenschaftlichen Psychologie?.
      In: ZiF:Mitteilungen 4/96, steht im Internet zur Verfügung.
   Helmholtz/ Hering:
   d) Lang, Heinwig: Farbwiedergabe in den Medien, Göttingen: Muster-Schmidt, 1995, Kapitel 5.

7. Edwin H. Land:
   Er erfand die Polaroid-Kamera und entwickelte die stark umstrittene Retinex-Theorie.
   Was hat es mit dieser Erfindung, der entwickelten Theorie und der Person des Farbforschers auf sich?
   Literatur:
   a) Reibe, Neil; Steinle, Friedrich: Exploratory Experimentation: Goethe, Land, and Color Theory.
      In: Physics Today, Vol. 55, Issue 7, Juli 2002, S. 43 - 49
      (und ein Blick aufs Deckblatt schadet auch nicht).
   b) Ernst Pöppel: Farben - Die schlafende Schönheit.
      In: Der Spiegel, Nr. 33 vom 12. August 1959, S. 57 ff. zitiert nach:
      http://www.hegelsystem.de/de/material_farbe_spiegel.htm.
   c) Ernst Pöppel: Farbensehen - erklärt auf der Grundlage der Retinex-Theorie von Edwin Land.
      In: Praxis der Naturwissenschaften, Chemie, 7/35, 1986, S. 35 - 38.

8. Der Einsatz von Farbe in kulturellen Zusammenhängen z.B. in der Architektur:
   Wie sahen griechische Tempel und gotische Kirchen wirklich aus?
   Was wurde mit dieser Farbgebung verbunden und wie wirkt sie heutzutage?
   Literatur:
   a) Leclercq, Bénédicte: Gotische Architektur in strahlendem Bunt.
      In: Spektrum der Wissenschaft, Spezial: Farben, Nachdr. 2004, S. 84.
   b) Charnay, Yves: Der Farbcode der chinesischen Architektur.
      In: Spektrum der Wissenschaft, Spezial: Farben, Nachdr. 2004, S. 86 - 87.

9. Farbe und Sprache, Farbe und Sprachphilosophie:
   Wie sind unsere Farbbegriffe entstanden?
   Wieviele Farben können wir damit benennen?
   Wie nähert sich Wittgenstein in seinen Überlegungen unserem sprachlichen Umgang mit Farben?
   Z.B.wenn er fragt: „Wie kommt es, daß etwas Durchsichtiges grün, aber nicht weiß sein kann?“
   Literatur:
   a) Berlin, Brent; Kay, Paul: Basic color terms: Their universality and evolution.
      Berkeley [u. a.]: Univ. of California Press, 1969.
   b) Gage, John: Die Sprache der Farben. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 1999.
   c) Roire, Jacques: Im Namen der Farbe. In: Spektrum der Wissenschaft,
      Spezial: Farben, Nachdr. 2004, S. 88 - 89.
   d) Mangin, Loic: Die Farben der Papuaner.
      In: Spektrum der Wissenschaft, Spezial: Farben, Nachdr. 2004, S. 90.
   e) Davidoff, Jules; Davies, Ian; Roberson, Debi: Colour categories in a stone-age tribe.
      In: Nature, Vol. 398, 18. März 1999, S. 203 - 204.
   f) Paulus, Jochen: Der blüne Ozean, In: DIE ZEIT, Ausgabe 10/2003.
   g) Wittgenstein, Ludwig: Bemerkungen über die Farben.
      In: Werkausgabe Band 8. 10. Aufl. (1. Aufl. 1984). Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005.

10. Der Blick durchs Prisma in die Welt:
    Newton betrachtete im Prisma einen weißen Fleck vor schwarzem Grund
    und zeigte uns das regenbogenartige Spektrum: Rot, Gelb, Grün, Türkis, Blau.
    Goethe drehte die Sache um und zeigte für den schwarzen Fleck vor weißem Grund ein anderes Spektrum:
    Türkis, Blau, Purpur, Rot, Gelb. Der Farbexperimentator Ingo Nussbaumer geht noch einen Schritt
    weiter und bringt farbige Flecken vor farbigen Hintergründen ins Spiel. Ein gelber Fleck vor blauem
    Hintergrund liefert zum Beispiel: Purpur, Weiß, Türkis, Grün, Schwarz. Wie sehen die Spektren in
    diesen neuen Versuchsanordnungen aus? Und was hat es mit dieser bunten Vielfalt auf sich?
    Literatur:
    Nussbaumer, Ingo: Zur Farbenlehre. Entdeckung der unordentlichen Spektren. Wien: edition splitter, 2008.

Termine:




Farbige Links:

Experiment Autor(in, en) Link
Farbnamen P. Kay et al. »
Grünschwäche J. Mollon et al. »
Blautöne J. Winawer et al. »
Lieblingsfarben A. Hurlbert et al. »


Prof. Dr. Beate Meffert
Anna Reinacher
03.04.2017, 16:48:46